Startseite > Harry & Larry > Bits und Bohnen  

Bits und Bohnen

Ich kann mich noch an den Tag erinnern, als Larry und ich gerade in unserer Auftragspizzaria saßen und wir eine Pizza serviert bekamen, die es in sich hatte. Wie üblich hatte ich nur ein kleines Stück abgebissen und merkte gleich: Das war die "Infernio", die schärfste von allen. Larry denkt ja immer,  dass Pizzen nicht so scharf gewürzt werden können, deshalb hatte er gleich ein großes Stück verschlungen und lief kurz danach mit den Armen wedelnd, jammernd und keuchend durch den ganzen Raum und schnappte nach allem, worin er Flüssigkeiten vermutete. Natürlich sah er nicht genau hin, und so hatte er eine Flasche mit Tabasco erwischt, die alles noch viel schlimmer machte. Kurzerhand griff ich zur Gießkanne, die zufällig in meiner Nähe stand, und begoss ihn mit kaltem Wasser, wodurch es ihm zumindest körperlich schnell wieder besser ging, geistig war er jedoch leider der Alte geblieben und hätte beinahe vergessen, sich abzutrocknen, wenn ich ihn nicht darauf hingewiesen hätte.

Kurz danach düsten wir zu unserer Firma und erfuhren dort, dass in unser Projektbüro eingebrochen worden war! Das war deshalb besonders brisant, weil das geheime medizinische Forschungsprojekt lief, eine Art neue Flüssigkeitspumpe. Merkwürdigerweise hatten die Einbrecher jedoch nichts mitgehen lassen, alles lag noch an seinem Platz. Larry und ich suchten nach Fußspuren, Kleidungsfetzen oder anderen Auffälligkeiten, doch wir konnten nichts finden. Arno, der das Medizinprojekt leitete, versicherte mir gegenüber, dass sein Rechner heute ganz normal hochgefahren sei, auch wären alle Dateien vorhanden und seine Geräte nicht verändert worden. Die Sache wurde immer mysteriöser. Wozu würde sich jemand die Mühe machen, in ein gut verschlossenes Projektbüro einzubrechen, alles unverändert zu lassen und dann wieder zu verschwinden? So blöd könnten noch nicht mal SAPP-Agenten sein.

Wir verhörten jeden einzelnen Projekt­mitarbeiter und durchsuchten ihre Unterlagen, darunter war jedoch nichts Verdächtiges. Neben unserem Projektbüro war eine Handelsschule, und Larry meinte, da hätten vielleicht Jugendliche eine Mutprobe machen wollen und einen Einbruch geübt. Das klang plausibel, war aber unwahrscheinlich, denn sie hätten wissen müssen, wie man einbricht, ohne Schäden zu hinterlassen, und das können nur Profis. Dann fragte ich mich durch, ob jemand am Tag des Einbruchs verdächtige Personen gesehen hatte – doch Fehlanzeige. Mir gingen langsam die Optionen aus, und das war peinlich, denn unsere Geschäftsführung erwartete Ergebnisse. Ich unternahm noch einen letzten Versuch und legte mich nachts mit Larry auf die Lauer, vielleicht würden die Täter ja wiederkommen. Larry schlief jedoch ein und schnarchte auf einmal so laut, dass uns ein Wachhund hörte und wir Hals über Kopf fliehen mussten, wobei wir nur deshalb davon kamen, weil Larry einen Schuh verlor und die Bulldogge ihn genüsslich auseinandernahm, so dass wir genügend Vorsprung gewinnen konnten.

Tags darauf waren wir wieder im Projektbüro. Larry gähnte die ganze Zeit – ihm fehlte der Schlaf. Ich ging deshalb in die kleine Küche, um ihm einen starken Kaffee zu machen. Die Kaffeebohnen waren alle, also griff ich mir den nächsten Beutel – und stellte fest, dass sich dieser ungewöhnlich hart anfühlte. Als ich nachsah, fiel ich fast vom Stuhl – in dem Beutel befand sich, gut getarnt unter lauter Kaffeebohnen – eine Festplatte!

Kurze Zeit später war der Fall klar. Auf der Festplatte befand sich eine genaue Kopie der Festplatte des Medizinprojektes. Die Einbrecher hatten also heimlich die Original-Festplatte kopiert und wollten dann abhauen, mussten aber irgendwie gestört worden sein. Also hatten sie sie versteckt und wollten sie sicher bei nächster Gelegenheit holen. Wir hätten sie vermutlich erwischt, wenn Larry nicht so laut geschnarcht hätte. Andererseits wäre ich ohne seine Müdigkeit auch nicht auf die Idee gekommen, die Beutel mit den Kaffeebohnen zu untersuchen. Wie dem auch sei, es führte mal wieder eins zum anderen und unsere Geschäftsführung belohnte uns dann auch mit einem extra großen Latte Macchiato in unserer Auftragspizzaria.

  Besucher: 00099400 seit 03.12.2017